Die Weinende Muttergottes

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In einer verglasten Nische beim Nepomukaltar steht ein bei den Trinitariern viel verehrtes Marienbild, die Büste der „weinenden Muttergottes". Sie fällt sowohl stilistisch als auch im Material aus dem gewohnten Rahmen der in Österreich vorhandenen Barockplastiken. Die Büste ist aus Mahagoni- und Kiefernholz geschnitzt und äußerst naturalistisch gefasst. 

Die Existenz dieser Plastik, die von den Trinitariern aus Spanien nach Wien mitgebracht wurde, ist nicht nur als Zeugnis der mannigfachen Verbindung zwischen Spanien und Österreich bedeutend, sondern auch deshalb, weil Plastiken dieses Künstlers außerhalb Spaniens äußerst selten sind.

Die Nische der weinenden Muttergottes.

Pedro de Mena y Medrano (1628-1688)

Die Figur befand sich früher am rechten Seitenaltar vorne neben dem Hochaltar, dem heutigen Franziskusaltar. Sie stammt aus Spanien, dem Herkunftsland der Trinitarier, und wurde 1662/1663 von Pedro de Mena y Medrano aus Kiefer- (am Rücken) und Mahagoniholz geschaffen. 

Die innen hohle Büste in Darstellung einer Nuestra Senora de la Soledad (= Unsere Frau von der Einsamkeit) umfasst unten 46 cm, hat eine Höhe von 44 cm und ruht auf einem versilberten Holzsockel aus den ersten Jahrzehn­ten des 19. Jahrhunderts. Der naturalistische Ausdruck wird verstärkt durch die vom Weinen gerötete Augenpartie, durch Glasaugen, Wimpern aus echtem Haar und ursprünglich vorhandenen imitierten Tränen. Das Gewand besteht aus ei­nem früher helleren, dunkelroten Kleid, einem Tuch in grauweiß und einem schwarzblauen Mantel, der das blasse Inkarnat des Gesichtes betont. 

Inkarnat , von mittellateinisch incarnatio, "Fleischwerdung",

Ist in der Malerei der "Fleischton", der rosige Farbton der Haut, bei Ikonen mit Oklad Bezeichnung für die sichtbaren, nicht mit (Edel-) Metall verkleideten Körperteile (Gesicht, Hände, Füße). Oft wird der Ausdruck Inkarnat auch als Bezeichnung für Elfenbein verwendet, das bei Kombinationsfiguren sowie in chryselephantiner Technik ausgeführten Plastiken die unbedeckten Körperteile ("das Fleisch") darstellt.

 

Im 18. Jahrhundert trug die weinende Maria eine Devotionskrone, wie Nagellöcher im Kopfbereich zeigen. Der heutige Strahlenkranz um das Haupt stammt aus dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts.

Die Ausführung dieser Madonna hat flämische Vorbilder im 15. und 16. Jahrhundert und italienische aus dem 17. Jahrhundert. Das spezifisch spanische Ele­ment ist „die Betonung der Einsamkeit der das Leben und Leiden Christi be­trachtenden Muttergottes". Verwendet wurden solche Büsten besonders im Spanien des 17. Jahrhunderts und zwar zum Mitführen bei Prozessionen, spezi­ell in der Karwoche. 

Die Holzbüste "weinende Muttergottes".

Die weinende Muttergottes bei den Trinitariern.

Die Madonna wird in den Ordensannalen als eine Art Schutzheilige des Wiener Klosters erwähnt, jedoch keineswegs in schriftlicher Form, sondern es existiert eine Abbildung, die den Stellenwert deutlich zeigt: Die Büste, gehal­ten von drei Engeln, schwebt auf einer Wolke über dem Klostergebäude und dem 1702 vollendeten Kirchenbau. Unterhalb steht die Beschriftung „Imago B. V. Mariae quae in nostra ecclesia magnum habet venerationem” (= Das Bild­nis unserer seligen Jungfrau Maria, das in unserer Kirche große Verehrung hat). Diese Radierung auf Papier fertigten nach dem Vorbild des Fraters Victor a S. Maria die Künstler Josef und Andreas Schmutzner am Anfang des 18. Jahrhun­derts an.

Obwohl sie als „das” Gnadenbild der Wiener Niederlassung galt, fehlt in den Annalen eine nähere schriftliche Nennung. Dies lässt schließen, dass die weinende Maria ein Hausheiligtum der Trinitarierkirche war und vor allem als mystisches Andachtsbild diente. So galt die Plastik als ein selbstverständlicher Bestand, der eine Dotationserwähnung erübrigte. 

 

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