Der Reliquienaltar
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Vorher stand an dieser Stelle der erwähnte
Josefsaltar des Grafen Philipp von Sinzendorf.
1761 wurde durch die Arbeit des Bildhauers Johann Jakob Rößler der Kreuzaltar und seine Mensa in ihren heutigen Rokoko-Formen gestaltet. Die Bruderschaft zu den 5 Wunden Christi bezahlte die "Modernisierung".
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Das Werk selbst wird Ende des 15. Jahrhunderts oder erstes Viertel 16. Jahrhundert datiert. Als Verfertiger des verehrten großen Kruzifix wird ein Künstler aus dem nahen Umkreis des Bildhauers und Schnitzers Veit Stoß (1445-1533) vermutet. Wiederholt bestärkt sich die Meinung, z.B. durch den ungarischen Kunsthistoriker Radocsay, dass es sogar ein eigenhändiges Werk dieses Künstlers ist. Stoß arbeitete nämlich 1490 bis 1495 in Krakau. Durch die dynastischen Verbindungen zwischen Polen und Siebenbürgen kann ein Werk durchaus nach Hermannstadt gelangt sein. | ||
Die Höhe der Christusfigur misst 187 cm, die Armbreite beträgt 184 cm. Der athletisch geformte hohle Körper aus Lindenholz ist mit waagrecht gestreckten Armen angenagelt. Die übereinandergelegten Füße durchbohrt ein langer Nagel. Durch die realistische Wiedergabe sind Muskeln, Rippen und Adern sichtbar. Das Haupt, auf die rechte Schulter gesunken, mit den geschlossenen Augen und den geschnitzten Haaren und Bart, zeigt ergebene Milde. Das Lendentuch dagegen windet sich und flattert über der Hüfte rechts herab. Die Wundmale wurden erst im Rokoko durch die vergoldeten Metallrosetten betont. Der Strahlenschein stammt ebenfalls aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. | Veit Stoß (1445-1533) | Da dem Kreuz bei der Auffindung der linke Arm fehlte, ließ die Gräfin diesen nachmachen. Auch die drei mittleren Zehen des rechten Fußes wurden in späterer Zeit erneuert. Bezüglich dieser Aussagen brachten Untersuchungen in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts keinen wahren Aufschluss. Vielmehr wurden am neuen Arm Reste der gleichen Fassung wie am anderen Arm gefunden. Entweder wurde nun doch der „alte” Arm wiedergefunden oder nach der Restaurierung in Siebenbürgen eine einheitliche Fassung aufgetragen. So hatte das Kreuz bei seiner Aufstellung 1708 eine dunkelbraune Fassung erhalten, um eine Wirkung von Bronze und nicht von Holz zu erzielen. Damit sollte auch das Kreuz besser zum damaligen barocken Altar passen. |
Was die Typologie und Ausführung des Corpus betrifft, so ist die monumentale Körperbildung durchaus in zahlreichen Kruzifixen der Spätgotik vertreten und zeigt das Körperideal der im Norden beginnenden Renaissance. So zeigt etwa der Christus in der Sebalduskirche in Nürnberg den gleichen Kopftypus, besonders bei der Bartform. |
In Wien selbst gibt es kaum vergleichbare spätgotische Kruzifixe um 1500. Ein ungefähr zeitgleiches existiert im Barnabitenkloster (1., Habsburgergasse 12), doch zeigt dieses keineswegs den rhythmischen lebhaften Stil des Ährenkreuzes. Hier zeigt sich nur eine mäßige Betonung der Rippen und Adern und wenn sich auch das Lendentuch bauscht und dreht, so doch nicht in einem so knittrigen und kurzbrüchigen Stil. |
Die Mensa aus schwarzem Marmor und Glas wurde als Sarkophag gefertigt und birgt die Gebeine des römischen Katakombenmärtyrers Viktor aus dem Friedhof der Heiligen Priscilla in Rom. 1694 überließ Papst Innozenz XII. diesen Leib dem Fürsten Anton Florian von Liechtenstein (1656-1721), der, seit 1687 österreichischer Gesandter beim Heiligen Stuhl, ihn an die Kaiserin Amalie Wilhelmine weitergab. 1713 ließ diese die kunstvoll in Brokatkleider gefassten Gebeine des Märtyrers mit einer Festprozession zur öffentlichen Verehrung in der Trinitarierkirche ausstellen. |
Der Kreuzaltar
Der Altar der Anbetung der Heiligen Drei Könige